Zerstört, abgeschlagen oder verklinkert: die Geschichte der Mönchengladbacher Gründerzeitarchitektur ist heute an vielen Stellen leider eine Geschichte der Ignoranz und ästhetischen Verirrung.
Marius Müller dokumentiert mit seinen nüchternen Schwarzweiß-Fotografien verschiedene Stadien der Dekonstruktion gründerzeitlicher Architektur an diversen Stellen im Stadtbild — von Kriegsschäden über spätere An- und Aufbauten bis hin zu vermeintlich zukunftsweisenden Sanierungen. Vor allem im Zusammenspiel mit gut erhaltenen Nachbargebäuden offenbaren sich hier oft fatale Fehlentscheidungen.
› Einleitung Gründerzeitliche Architektur in Mönchengladbach
VIERSENER STRASSE 232
Gründerzeitliches Wohn- und Geschäftshaus in markanter Ecklage.
Vermutlich nach einem Kriegsschaden nicht wiederaufgebaut.
Schmuckfassade vollständig entfernt.
ERZBERGERSTRASSE 28
Reihenhaus in gründerzeitlicher Blockrandbebauung.
Vermutlich nach einem Kriegsschaden nur unzureichend rekonstruiert.
Klinkerfassade im Erdgeschoss nicht stilgerecht. Putzfassade im ersten Obergeschoss nicht stilgerecht.
Schmuckfassade im zweiten Obergeschoss rudimentär vorhanden.
LINIENSTRASSE 38-40
Das „Gladbacher Haus“.
Gründerzeitliche Doppelhaushälfte.
Der ursprüngliche Charakter der einen Hälfte ging wahrscheinlich durch Sanierung verloren.
Links: Fensteröffnungen verändert. Neue Klinkerfassade nicht stilgerecht.
Rechts: Veränderte Fensteröffnungen im Erdgeschoss. Schmuckfassade im Erdgeschoss entfernt.
WERRASTRASSE 51
Wohnhaus in markanter Ecklage einer gründerzeitlichen Wohnsiedlung.
Durch fehlenden Denkmalschutz ist das gut erhaltene Gebäude aufgrund verschiedener baulicher Eingriffe in Gefahr.
Umbauten beeinflussen das Erscheinungsbild der Fassade negativ. Anbauten nicht stilgerecht.
HEINRICHSTRASSE 2
Eckhaus einer gründerzeitlichen Blockrandbebauung.
Vermutlich nach einem Kriegsschaden nicht wiederaufgebaut.
Schmuckfassade vollständig entfernt.
BISMARCKSTRASSE 91
Wohn- und Geschäftshaus in gründerzeitlicher Blockrandbebauung.
Der ursprüngliche Charakter ging wahrscheinlich durch Sanierung verloren.
Schmuckfassade vollständig entfernt. Aufbauten nicht stilgerecht.
VIERSENER STRASSE 76
Wohn- und Geschäftshaus in gründerzeitlicher Blockrandbebauung.
Der ursprüngliche Charakter ging wahrscheinlich durch Sanierung verloren.
Schmuckfassade vollständig entfernt. Veränderte Fensteröffnungen.
LUISENSTRASSE 176-178
Doppelwohnhäuser in einer gründerzeitlichen Blockrandbebauung.
Während das eine Gebäude gut erhalten und stilgerecht saniert ist, ging der ursprüngliche Charakter des anderen Gebäudes wahrscheinlich durch Sanierung verloren.
Klinkerfassade nicht stilgerecht. Fensteröffnungen verändert. Garage in Treppenhaus eingebaut.
MARIUS MÜLLER ist studierter Kommunikationsdesigner mit Faible für Architektur und Stadtplanung. Für seine Abschlussarbeit »Provisorium« schuf er einen Leerstandskataster und das Konzept für eine Zwischennutzungs-Plattform für Mönchengladbach, auf der leerstehende Ladenlokale zur Zwischennutzung durch junge Menschen angeboten werden können. In der Altstadt engagiert er sich in der »Initiative Altstadt«, am Standort Eicken leistet er vor allem mit dem Projekt »Ladenlokal« des »Waldhaus 12 e.V.« ehrenamtliche Quartiersarbeit. Reproduktionen der Motive sind in verschiedenen Formaten käuflich zu erwerben.
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› Einleitung Gründerzeitliche Architektur in Mönchengladbach
› Teil 1/4 Dekonstruktion gründerzeitlicher Architektur, Marius Müller
› Teil 2/4 Türen des Gründerzeitviertels, Thomas Volbach
› Teil 3/4 Kulturhäuser, Philipp M. Königs
› Teil 4/4 Stadttransformation, Stefan Sturm – coming soon