Ein Nachmittag auf der Trabrennbahn
Aus den Lautsprechern erklingt die bekannte Melodie einer Unterhaltungssendung, die mich gedanklich kurz in die Kindheit zurück versetzt. Ich sitze mit Gummibärchen im Wohnzimmer meiner Eltern, habe bereits meinen Schlafanzug an und bin ganz aufgeregt, denn ausnahmsweise darf ich länger wach bleiben. Es läuft schließlich „Wetten, dass…“ im Fernsehen. Doch es ist nicht Samstagabend, ich trage keinen Schlafanzug und bin auch nicht mehr sieben Jahre alt. Es ist Sonntagmittag und wir befinden uns auf der Trabrennbahn in Mönchengladbach.
Der Eingang und Tribünenbau aus den Siebzigern erscheint zunächst verlassen. Wir sind jedoch viel zu früh dran, das erste Rennen startet erst in einer Stunde. Die meisten Besucher erscheinen später und trudeln während der Qualifikationsläufe und Paraden der antretenden Pferde ein. Sie kennen die Abläufe vor dem Rennen, die meisten kommen regelmäßig hierher.
Die Dame an der Wettinformation arbeitet bereits seit 55 Jahren an der Rennbahn, wie ich beiläufig mitbekomme. Die Anhänger des Trabrennsports scheinen diesem seit Jahrzehnten treu zu sein. Einige ältere Semester sitzen an den Tischen der Tribüne, notieren eifrig Zahlen und Quoten. Es herrscht eine fast andächtige Stille. Draußen stehen einige Kinder nahe der Rennbahn und bewundern die Pferde.
Dann startet das erste Rennen, zwei der zehn Pferde treten nicht an, eine leichte Enttäuschung liegt in der Luft. Die Spannung auf der Tribüne steigt, hier und da ist ein erleichtertes Jubeln zu vernehmen. Der Favorit hat gesiegt. Pferd und Reiter erhalten ein kleines Präsent, Blumen und Möhren. Die Möhren sind natürlich für das Pferd, die Blumen für den Reiter – pardon, Fahrer. Denn dieser sitzt auf dem Sulky, dem Wagen, der beim Trabrennen von den Pferden gezogen wird und reitet das Pferd nicht.
Bei diesem ersten Besuch der Trabrennbahn empfinde ich eine Dissonanz. Einerseits das dem Verfall nahe erscheinende Tribünengebäude, andererseits der Sport, der so viel Lebendigkeit ausstrahlt. Wie war es hier wohl vor 20, 30, 55 Jahren? Das hätte ich gerne einmal miterlebt.
Text und Bilder: Eva Uebe